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KINDER ÜBER TOD

  • Autorenbild: NATTY
    NATTY
  • 19. Apr. 2023
  • 3 Min. Lesezeit

Aktualisiert: 20. Aug.


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„Wenn man stirbt, hat man die Augen zu … und im Himmel wieder auf“

Wie Kinder über den Tod sprechen – und was wir von ihnen lernen können

Der Tod ist ein Thema, das Erwachsene oft vermeiden. Er macht uns Angst, konfrontiert uns mit unserer Endlichkeit und wirft Fragen auf, die keine einfachen Antworten haben. Kinder dagegen sprechen oft mit erstaunlicher Offenheit über das Sterben. Ihre Worte sind manchmal naiv, manchmal poetisch, manchmal erschütternd – und immer ehrlich.

In einem Gespräch mit Kindern über den Tod sind diese Aussagen entstanden:

  • „Ich habe mal einen toten Vogel gesehen, aber ich wollte nicht, dass er tot ist, aber wir konnten nichts mehr dagegen tun.“

  • „Wenn man stirbt, kann man sich nicht mehr bewegen.“

  • „Wenn man tot ist, sagt man, dass die liebe Seele weiterlebt.“

  • „Wenn man stirbt, hat man die Augen zu, und wenn man dann im Himmel ist, hat man die Augen wieder auf.“

  • „Ich glaube, der Mensch der gestorben ist, ist ganz traurig, weil er nicht mehr bei seiner Familie sein kann.“

  • „Im Himmel trifft man den Nikolaus, den Weihnachtsmann und das Christkind und hilft ihnen dann bei der Arbeit.“

  • „Manchmal ist es nicht so schön im Himmel zu sein, weil dann auch mal Regen kommt.“

  • „Im Himmel ist man aber nicht allein, weil schon viele Menschen gestorben sind.“

  • „Ich glaube, dass Engel im Himmel sind.“


Psychologischer Blick auf kindliche Vorstellungen vom Tod


Zwischen Realität und Fantasie

Kinder denken konkret – und zugleich märchenhaft. Aussagen wie „Wenn man stirbt, kann man sich nicht mehr bewegen“ zeigen ein realistisches Verständnis. Andere Gedanken, etwa dass man im Himmel Nikolaus und Christkind trifft, sind Ausdruck ihrer Fantasie. Beides existiert gleichzeitig und ist für Kinder kein Widerspruch.

Psychologisch gesehen hilft diese Mischung aus Realismus und Fantasie, den Tod erträglicher zu machen. Kinder können damit Distanz schaffen, aber auch Hoffnung entwickeln.


Trauer und Empathie

„Ich glaube, der Mensch der gestorben ist, ist ganz traurig, weil er nicht mehr bei seiner Familie sein kann.“Hier wird eine tiefe Empathie sichtbar. Kinder stellen sich in die Lage des Verstorbenen hinein – sie erkennen Verlust und Schmerz, auch wenn sie selbst das Konzept „Endgültigkeit“ vielleicht noch nicht voll begreifen. Das zeigt, dass Trauerarbeit bei Kindern immer auch eine emotionale Dimension hat, die ernst genommen werden muss.


Die Seele und der Himmel

Viele Kinder sprechen von einer „Seele“ oder einem „Himmel“. Das sind kulturell und religiös geprägte Bilder, die Sicherheit geben: „Im Himmel ist man nicht allein, weil schon viele Menschen gestorben sind.“Solche Vorstellungen erfüllen eine wichtige psychologische Funktion. Sie trösten, weil sie den Tod nicht als völliges Verschwinden darstellen, sondern als Übergang in eine neue Form von Gemeinschaft.


Ambivalenz: Freude und Traurigkeit

Manche Kinder erleben den Tod als traurig, andere finden darin Trost und sogar etwas Fröhliches. „Manchmal ist es nicht so schön im Himmel, weil dann auch mal Regen kommt“ zeigt, dass Kinder ambivalente Gefühle zulassen können – eine Fähigkeit, die viele Erwachsene erst wieder lernen müssen.


Was Erwachsene daraus lernen können

Kinder sprechen über den Tod ohne die Tabus, die wir uns im Laufe des Lebens aneignen. Sie stellen Fragen, geben Antworten, erfinden Geschichten. Dabei suchen sie weniger nach „der Wahrheit“, sondern nach Bildern, die ihnen Halt geben. Psychologisch betrachtet hilft es Kindern, wenn Erwachsene ihre Vorstellungen ernst nehmen, zuhören und nicht vorschnell korrigieren. Denn im Kern geht es nicht darum, ob man im Himmel tatsächlich den Nikolaus trifft, sondern darum, dass der Himmel ein Ort sein darf, an dem man nicht allein ist.



Der Tod ist für Kinder nicht nur traurig, sondern auch geheimnisvoll, manchmal sogar tröstlich. In ihren Worten steckt eine tiefe Weisheit: Sie verbinden Verlust mit Hoffnung, Endlichkeit mit Fantasie. Wenn wir Erwachsenen uns auf diese Sichtweisen einlassen, können wir selbst einen neuen Zugang zum Tod finden – weniger von Angst bestimmt, mehr getragen von Vertrauen und Mitgefühl.


 
 
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