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WELLE

  • Autorenbild: NATTY
    NATTY
  • 18. Apr. 2023
  • 1 Min. Lesezeit

Wir sehen eine Welle – mit all Ihrer Pracht, Macht und Gewalt. Es wirkt, als würde nach dieser Welle ein neues Kapitel beginnen. Der Blick in die Brandung, das Rauschen, Tosen und Tönen…

Wir bewundern aber nicht die Welle, sondern sind fasziniert, von dem Moment, wenn die Welle bricht, wenn ein unaufhaltsam wirkender Zustand aufgelöst oder sogar zerstört wird. Die Brandung ist die kürzeste Phase im Prozess des Wellengangs. Über hunderte Kilometer wird die Energie für eine Welle gesammelt. Ein für andere unbekannter Weg liegt hinter der Gewalt des Bruchs. Eine sich ausbreitende, periodische Schwingung. Sie verformt sich stetig, sie wird schneller und langsamer – eine sichtbare Veränderung des Gleichgewichtszustandes.

Die Welle selbst als Phänomen ist eigenständig, unantastbar, fast unaufhaltbar bis zum Breakpoint.

Was wir oft nicht verstehen ist, dass Wellen selbst nichts transportieren. Sie reißen evtl. mit oder wir können auf Ihnen surfen doch sie liefern uns keine Neuigkeiten. Das Bild der Welle wird oft auf Trauer übertragen. Die Erwartung, dass sich nach dem Bruch der Welle für uns etwas Neues beginnen kann, weil die letzten Schwünge der Welle unsere Fußspuren aus dem Sand waschen, kann uns nur enttäuschen.

Denn eine Größe muss bei unserer Trauer-Wellen Thematik auch immer einbezogen werden – der Rückstrom – der Sog in die Vergangenheit. Der Sog ist es, der die Sandkörner und Muschelstücke wie Kleintiere über den Erdboden zieht, der so stark sein kann, dass man nicht mehr auftauchen kann. Die Macht des Soges ist mit unserem romantischen Blick auf die Brandung nicht sichtbar.

Der Sog in die Tiefe – diesen gilt es zu überstehen – mit Kraft, Rückgrat und manchmal mit Hilfe.


 
 
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